top of page
Bielefelder Kinos
Gloria Palast
Bielefelds ältestes noch erhaltenes Kino-Gebäude steht an der Niedernstraße 12: es ist das ehemalige „Gloria“. Entworfen hat es der damals berühmte Architekt Wilhelm Kreis aus Düsseldorf im Auftrag der Vereinigten Lichtspiele. Von 1907 bis 1927 hatte an dieser Stelle das „Neue Tonbild-Theater“ gestanden, das den Anforderungen an ein modernes Lichtspielhaus und den Ansprüchen des Publikums nicht mehr gerecht wurde. Durchaus geschichtsbewusst setzen die Chefs Borgsmüller, Kaiser und Bröker als Uraufführung den Film Sunrise ein, ein Werk des weltbekannten Bielefelder Stummfilmregisseurs Friedrich Wilhelm Murnau. Der Vorhang öffnet sich erstmals am Ostersonntag, 8. April, 1928 und gibt den Blick frei auf die nur knapp 25 Quadratmeter große Leinwand.
Die Zeitungsberichterstatter erfreuen sich am guten Raumklima, an den zwei Vorführapparaten, die pausenlose Vorstellung ermöglichen, an den Sicherheitseinrichtungen und an der Bühne, in deren Graben das Gloria-Palast-Orchester unter Leitung von Wilhelm Latsch für die passende Musikuntermalung sorgt.
Die Musiker wiederum müssen bald ins „Palast-Theater“ schräg gegenüber umziehen, denn der Tonfilm nach dem Tri-Ergon-Verfahren des Bielefelders JosphMassolle hält im „Gloria“ Einzug. Am 17. Mai 1929 laufen zunächst kurze Streifen im Vorprogramm. Silvester ist die US-Produktion „The Singing Fool“ mit Al Jolson zu sehen. Der Ton kommt hier aber noch von
Schallplatten.
Der erste deutsche Spielfilm mit durchgehenden Dialogen, Musik und Geräusch hat hier am 14. März 1930 Premiere: „Die Nacht gehört uns“. Die Hauptrollen spielen Hans Albers und Charlotte Ander. Für die tontechnische Leitung des Films zeichnet Joseph Massolle verantwortlich. Der Erfolg des Tonfilms ist nicht mehr aufzuhalten, alle Bielefelder Lichtspielhäuser stellen in den folgenden Monaten um. Die Film-Musiker müssen sich andere Jobs besorgen.
Nach dem Wiederaufbau spielt das „Gloria“ schon ab 1948 wieder für sein Publikum. Zwar nehmen die Besucherzahlen in der Bundesrepublik und besonders auch in Bielefeld zu, doch große Häuser lassen sich kaum noch gut füllen. Ähnlich wie beim „Capitol“ soll beim „Gloria“ mit seinen ehemals 615 Plätzen eine Verkleinerung und Aufteilung in zwei Kinos die Rentabilität erhöhen, verstärkt noch durch den Einzug eines umsatzstarken Radio- und Fernsehgeschäftes wie Priesent.
Im September 1978 schließt das „Gloria“, am Freitag, 2. März 1979, fällt der Startschuss für das neue „Gloria“ in der ersten Etage mit 220 Sitzen und die kleine Schwester „Gloriette“ mit 105 Plätzen. „Kampfstern Galactica“ und „Superman“ sollen die Bielefelder Filmfans anlocken.
21 Jahre später ist auch in Bielefelds ältestem Kino-Bau Schluss. Der Vorhang schließt sich am 30. April 2000 für immer. Die Konkurrenz durch Multiplexe lässt keine andere Lösung mehr zu.
Es folgen mehrere Umbauten, zuletzt 2016. Stadtplaner Volker Crayen kann dabei die Fassade im Stil des Eröffnungsjahres wiederherstellen. Von außen unsichtbar sind auf dem Dach vier luxuriöse Stadthäuser entstanden.
Nur bei genauem Betrachten der Fassade lässt sich die Vergangenheit des Hauses als Lichtspieltheater noch erahnen.
bottom of page