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Bielefelder Kinos
Skala
Auch am Rand des Jahnplatzes in der Herforder Straße gab es Kinos. Die stadtbildprägende Lichtreklame mit dem Flair der 50er Jahre beweist es heute noch. Wenn es ein Kinounternehmen in Bielefeld gab, das seinen Zuschauern immer das technisch Allerneueste bot, dann war es die Familie Thiede mit ihren Sälen „Skala“, „Studio“ und „Lux“. Ob Todd-AO mit 70mm breitem Film und Sechs-Kanal-Magnetton, ob Dolby stereo, Dolby digital oder 3-D-Film. Eintrittskartendrucker oder Kartenleser: die „Skala“ war immer ganz weit vorne.
Unvergesslich waren für die Zuschauer „Dr. Schiwago“ oder „Odyssee im Weltraum“ auf einer für damalige Verhältnisse riesigen Leinwand von 100 Qudratmetern Größe. Bild- und Tonqualität waren 1965 überragend dank 70mm-Film mit Sechs-Kanal-Magnetton. Die Zuschauer ließen sich von opulenten Bildern und satten Tönen hinreißen. Es gab nichts vergleichbares zwischen Kassel und Osnabrück, Dortmund und Hannover.
(Filmbild 70mm aus „2001“)
Die Selfmade-Frau Hedwig Thiede hatte vor dem Zweiten Weltkrieg bereits in Frankfurt an der Oder zwei Kinos betrieben. 1954 hob sich an der Herforder Straße 5 bis 7 der Vorhang ihres Lichtspielhauses „Skala“ mit 1.022 Plätzen. Da war sie 64 Jahre alt. Zuvor hatte ihr Sohn, der Biologe Dr. Gerhard Thiede mit seiner Frau und Unterstützung seiner Mutter an der Wilhelmstraße einen Süßwarenladen eröffnet. Mit 80 Jahren errichtete Hedwig Thiede ein Hotel in Bad Meinberg. Sie hatte den Spitznamen „Omma Thiede“ und hatte immer ein riesiges Schlüsselbund bei sich, damit sie überall hineinkam. Die agile, resolute Frau führte ein strenges Regiment, verhandelte hart mit Lieferanten und Verleihern. Und wer ihrer Meinung nach im Haus nichts zu suchen hatte, wurde rausgeschmissen. Das habe ich selbst erlebt bei einem neugierigen Besuch im Vorführraum.
Gastronomie war ihr Hobby, und deshalb eröffnete sie im Skala-Haus ihr Café Quick, aus dem später das Eiscafé Venetia wurde.
1955 wollten Thiedes sich mit dem „Studio“ neue Publikumsschichten für den künstlerisch wertvollen Film erschließen, wie es Carl Aul mit der Kamera seit 1950 vorgemacht hatte. Allein es fehlte ihnen an Durchhaltevermögen.
Riesiges Bild, überwältigender Ton auch von den Seiten: 1965 rüsten Thiedes die „Skala“ auf 70mm-Filmtechnik um. Das waren damals hinreissende Erlebnisse für das Bielefelder Publikum.
1968 zieht ein Non-Stop-Kino namens „City“ in die Räume des früheren Cafés. Zehn Jahre später wird daraus, dem Trend der Zeit folgend, ein Sexfilm-Kino mit dem Namen „Club intim“ samt Bedienung an Einzeltischchen mit kleinen Lämpchen.
Einem weiteren Trend folgend, bauen die Thiedes 1979 wiederum: Sie verkleinern die „Skala“ und ordnen im ehemaligen Parkett zwei weitere Säle namens „Lux 1“ und „Lux 2“ an. Je größer die Zahl der Leinwände, desto höher die Chancen für bessere Umsätze und bessere Abschlüsse bei den Filmverleihern. Für den guten Ton tun Thiedes auch etwas: Lange vor den Mitbewerbern führen sie die Technik Dolby stereo ein. Zehn Jahre später folgt der nächste technische Quantensprung bei einem Umbau: Vier-Kanal-Dolby-Wiedergabe und THX –Komponenten von George Lucas. Enkel Helmut Thiede begeistert sein Publikum mit einer Vorführung der restaurierten 70mm-Fassung von Laurenz von Arabien.
Ein letzter Höhpunkt in der Skala-Geschichte ist 1996 die festliche Premiere der Knast-Komödie „Alles nur Tarnung“ mit Elke Sommer und Mario Adorf. Nach dem Auftritt im Kino ging die Feier zünftig im Stadtpalais weiter.
Allerdings entwickeln sich die Multiplexe „Cinemaxx“ und „Cinestar“ zur übermächtigen Konkurrenz. 2001 muss Bielefelds ehemals größtes Kinocenter mit seinem fünf Sälen schließen.
Geblieben ist die wunderschöne Lichtreklame.
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